Der Klimawandel sowie die Krisen rund um die
Energieversorgung deuten auf eine Welt im Umbruch hin: Wie eine aktuelle
Studie von Allianz Global Investors zeigt, wird der zunehmende
Handlungsdruck die Wirtschaft in nahezu allen Bereichen verändern. Die
Welt steht am Beginn des sechsten Kondratieff-Zyklus, der durch einen
nachhaltigen "grünen" Wachstumspfad gekennzeichnet sein dürfte.
Die Finanz- und Schuldenkrise wird die globalen Märkte wohl noch auf
absehbare Zeit begleiten. Sie könnte aber auch gleichzeitig eine Phase
des Umbruchs markieren, wie sie der russische Ökonom Kondratieff
charakterisiert hat. Eines Umbruchs, in dem alte Industriezweige durch
neue verdrängt werden. "Unter den veränderten Voraussetzungen von
Globalisierung, demografischer Entwicklung, Klimawandel, knappen
Ressourcen sowie einem stärkeren Umwelt- und Verantwortungsbewusstsein
der Konsumenten wird Wachstum künftig vermutlich aus einer neuen
Mischung von Ökonomie und Ökologie generiert", kommentiert Martin
Bruckner, Vorstand der Allianz Investmentbank AG, die Ergebnisse der
aktuellen Allianz Global Investors Studie.
Fünf Kennzeichen leiten eine Trendwende zu einem neuen
Kondratieff-Zyklus ein: Das Nutzungspotenzial einer alten
Basisinnovation ist erschöpft, es gibt einen hohen Überschuss an
Finanzkapital, die Wirtschaft befindet sich in einer starken
Rezessionsphase, es kommt zu sozialen und institutionellen Veränderungen
und volkswirtschaftliche Engpässe werden durch neue Technologien
gelöst. Wie die aktuelle Studie zeigt, scheinen alle Kriterien auf die
aktuelle Finanz- und Staatsschuldenkrise zuzutreffen: Der
Produktivitätsschub der Informationstechnik, die 1941 mit der Erfindung
des Computers "Z3" ihren Ursprung hatte, scheint langsam auszuklingen.
Ein noch schnelleres Notebook beispielsweise macht die Arbeitsprozesse
nicht mehr sehr viel produktiver.
Auch war die Wirtschaft bis 2007, vor dem Ausbruch der Finanzkrise,
von einem Überschuss an Finanzkapital geprägt. Anleger suchten auf ihrer
Renditejagd nach Anlagealternativen, die sie größtenteils in
kreditfinanzierten US-Immobilien oder in Finanzderivaten fanden. Hinzu
kamen die Liquiditätsspritzen der Zentralbanken und der Staaten. Die
Staaten ließen Konjunkturpakete vom Stapel, um die ökonomische
Kernschmelze zu verhindern. Folge: Die ohnehin schon defizitären
Haushalte rutschten noch weiter in die roten Zahlen.
Im Zuge dieser Entwicklungen kam es in den letzten Jahren zu neuen
Formen unternehmens- und länderübergreifender Kooperation in vielen
Feldern des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Handelns. Ebenso wird derzeit an einer globalen ordnungspolitischen
Finanzarchitektur gearbeitet, die das Fundament für ein nachhaltiges
Wirtschafts- und Finanzsystem bilden soll. Gleichzeitig halten immer
mehr ökologische und sozialgesellschaftliche Aspekte Einzug in
Unternehmens- und Investitionsentscheidungen. Schließlich verdeutlichen
die jüngsten Krisen, dass der sicheren Versorgung mit Rohstoffen und
Energie eine immer größere Bedeutung beigemessen werden sollte.
Während in den bisherigen Wirtschaftszyklen der letzten 200 Jahre
primär der Faktor Arbeit der ökonomische Engpassfaktor war, dürften im
21. Jahrhundert die immer knapper werdenden Rohstoff- und
Energieressourcen die Schlüsselfaktoren der Wirtschaft sein. Folglich
dürfte nicht mehr ausschließlich die Steigerung der
Arbeitsproduktivität, sondern vor allem die Steigerung der Ressourcen-
und Energieproduktivität die Kraftquellen des nächsten Zyklus
charakterisieren. Gerade der Umstieg auf erneuerbare Energien zeige,
dass künftiges Wachstum weniger verbrauchend als vielmehr regenerierend
sein wird. "Gerade das Jahr 2011 hat uns vor Augen geführt, dass es
anders als früher nicht mehr vorrangig darum geht, möglichst viel in
möglichst kurzer Zeit zu produzieren - ohne Rücksicht auf die Belastung
der Verschuldungssalden und der Umwelt", so Bruckner. Erste Schritte,
Umwelt mit einem Preis auszustatten, seien bereits unternommen worden.
So habe sich die Anzahl der Länder mit politischen Zielen zum Ausbau
erneuerbarer Energien oder ähnlichen Regelungen zwischen 2005 und 2011
von 55 auf 119 Staaten mehr als verdoppelt. Erstaunlich dabei: Über 50
Prozent hiervon sind Schwellenländer.
Die Basistechnologien, die nach Kondratieffs Diktion für den Start
eines neuen Langfristzyklus notwendig sind, sind der Studie zufolge
größtenteils bereits vorhanden. Sie resultieren aus der Kombination des
Bereichs der Informationstechnologie mit dem der "grünen" Märkte.
Beispiele hierfür seien der Übergang zu erneuerbaren Energien, die
Nutzung von Energiespeichern und Smart-Grid-Systeme ("intelligente
Stromnetze"). Die "Green Tech"-Märkte insgesamt werden viele klassische
Industriezweige wohl deutlich hinter sich lassen, weil die Nachfrage
nach erneuerbaren Energien, modernen Umwelttechnologien, nachhaltiger
Wasserwirtschaft, Recycling und effizienteren Antriebstechniken steigen
sollte.
Schätzungen zeigen, dass die Leitmärkte der Umwelttechnik
bereits 2010 ein weltweites Umsatzvolumen von rund 1,7 Billionen
US-Dollar auf sich vereinten. Bis ins Jahr 2020 dürften es rund 3,2
Billionen US-Dollar sein, was einem überdurchschnittlichen Wachstum von
6,5 Prozent p.a. entsprechen würde. "Als Investoren mit längerfristiger
Perspektive - durchaus im Sinne des Umweltschutzes - sollten wir die
Welt mit den Augen Kondratieffs sehen und unseren Blick in die Zukunft
richten. Ein neuer Wohlstandszyklus durch symbiotisches Wachstum kann
vor der Tür stehen", so Bruckner abschließend.
Quelle: Allianz / oekonews.at
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Freitag, 13. Juli 2012
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