Dienstag, 1. September 2009

Vom Sinn der Arbeitsteilung

Sie scheint selbstverständlich, wenn auch gelegentlich der Wunsch aufkommt, ein Brot selbst zu backen. Arbeitsteilung bedarf des Marktes und führt zu persönlicher Erfüllung.

Selbst beim Brotbacken käme – mir auf jeden Fall – nicht in den Sinn, das Getreide selbst anzubauen oder zu mahlen. Und der Wunsch nach dem Selbstgemachten kommt bezeichnenderweise nur bei einigen Gütern des eigenen Bedarfs auf, niemals aber in der Fülle all dessen, was wir für unser Alltagsleben benötigen. Nun wäre dem Wunsch nach geringerem Energie- und Ressourcenverbrauch zwar ein Dienst erwiesen, würden wir generell weniger verbrauchen – und zu diesem Zweck die Subsistenz, also die Eigenproduktion aller wichtigen Lebensmittel – zur Maxime erheben. Doch würden wir dadurch entwicklungsmässig derart zurückfallen, dass selbst wahre Fundamentalisten in dieser Frage kaum einen derartigen Schritt propagieren.

Wo wir in unserem Alltag Arbeitsteilung aufzuheben wünschen, ist ebenfalls bezeichnenderweise zumeist in jenen Bereichen, die uns besonders sinnvoll erscheinen oder die zu einem besonders guten Ergebnis führen – wie eben das Brotbacken. Kaum jemand käme auf die Idee, das Selbermachen für Tätigkeiten zu propagieren, die besonders mühsam erscheinen. Unter diesen Umständen auch verständlich, dass das Putzen im Haushalt häufig eine der ersten Arbeiten ist, die arbeitsteilig vielleicht nicht unbedingt an auswärtiges Personal, aber liebend doch an andere Familienmitglieder oder Wohnpartner abgetreten wird.

Arbeitsteilung bedeutet der Tendenz nach aber auch, dass wir uns häufig – Verallgemeinerungen verbieten sich auch hier – in unserer Erwerbsarbeit jener Tätigkeit zuwenden können, für die wir spezielle Fähigkeiten mitbringen, die wir gerne machen (wie beispielsweise das völlig freiwillige Schreiben dieses Artikels), oder auch ganz banal, deren wirtschaftlicher Ertrag uns die Mühe der Arbeit zumindest erträglich macht. Natürlich ist dieser Grad an Selbsterfüllung für Viele auch nicht gegeben. Aber gerade sie werden häufig danach streben, ihre Arbeitsaufgaben derart zu verändern, dass sie darin mehr Erfüllung, weniger Stumpfsinn oder eben schlicht auch zumindest mehr Entgelt finden. Ohne Arbeitsteilung wäre ein solcher Wunsch aber niemals umsetzbar – mit Arbeitsteilung zumindest in vielen Fällen und auf der heutigen Stufe des westlichen Wirtschaftssystems. Gerade der Wunsch nach Weiterbildung und die gewaltige Energie, die darauf verwandt wird, belegt den Sinn der Arbeitsteilung. Denn Weiterbildung erweitert nicht nur den Arbeitskreis, führt aber vor allem zu einer Spezialisierung, die im arbeitsteiligen Prozess eine angemessenere Tätigkeit ermöglicht.

Schliesslich macht Arbeitsteilung nur Sinn, wenn wir unsere Prozesseinordnung sinnvoll vermarkten können. Unsere Wahl einer bestimmten arbeitsteiligen Tätigkeit kann bei bezahlter Erwerbstätigkeit ja immer nur heissen, es besteht eine Nachfrage nach eben dieser. Den Entscheid darob fällt der Markt, eine zentrale Behörde wird das kaum schaffen – sicher nicht in all den Bedürfnissen, die über die reine Grundversorgung hinausgehen. Während Grundversorgung auch beinhaltet, dass sie neben dem Funktionieren allen zugänglich sein soll, ist bei allen weiteren Bedürfnissen undenkbar, die Arbeitsteilung zentral zu lenken. Wasserversorgung soll also zentral geregelt sein, Gesundheit und Bildung in ihren Grundzügen ebenso. Aber in den übrigen Bedarfsgruppen wird es wohl auf Zusehen hin zumindest – das heisst, bis wir uns von solchem Bedarf aufgrund einer transzendentalen Bewusstseinserweiterung wieder verabschieden - nur über den Markt möglich sein, den Bedarf auch abzudecken.

Mit anderen Worten: Arbeitsteilung ermöglicht die Versorgung eines breiten Bedarfs, das Abdecken vieler einzelner Bedürfnisse. Und den Erbringern der Arbeitsleistung macht diese umso mehr Spass, als sie sich flexibel auf diese einstellen und ihre Fähigkeiten im Rahmen ihrer Spezialisierung besonders gut zur Geltung bringen können. Wo anders als auf einem Markt aber ist dies möglich. Fremdsteuerung von Produktion und Konsumption hat sich aufgrund der vielen Systemversuche in der ganzen Welt als Sackgasse erwiesen. Noch heute bleibt es mir schleierhaft, warum etwa ein von der Natur gesegnetes Land wie Kuba nicht den gleichen Weg wie das erklärtermassen ebenfalls sozialistische Vietnam geht – und die Produktion im Kleinen, vor allem auch in der landwirtschaftlichen Versorgung – den vielen kleinen ProduzentInnen überlässt. Das Ergebnis lässt sich an den überquellenden Märkten des südostasiatischen Küstenstaats ebenso eindrücklich wie an den leeren Regalen des karibischen Inselreichs ablesen.

Arbeitsteilung und funktionierende Märkte bedingen einander also. Und das ist, wie das skizzierte Beispiel zeigt, nicht einmal so sehr eine Frage des Wirtschaftssystems, zumindest wenn man dieses weiterhin als Gegensätzlichkeit von Kommunismus und Kapitalismus sieht. Auswüchse der unangenehmen Art produziert die hier propagierte Marktlösung zwar auch, im Endergebnis von wirtschaftlicher Grundversorgung ist die Marktlösung aber eindeutig und durch viele Experimente belegt überlegen. Was wir allerdings politisch aus dieser Erkenntnis machen, wie weit wir die Marktlösung treiben, ist eine ganz andere Frage. Nie darf aber vergessen gehen, dass Arbeitsteilung möglicherweise sogar dem Glücksempfinden der Menschen Vorschub leistet, diese eben das tun können, was ihnen liegt, sinnvoll erscheint, Einkommen bringt. Und damit in diesem Fall einer unbedingten Freiheit bedarf.

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