Montag, 26. April 2010

Ökofonds sind konkurrenzfähig

Ökologische und ethische Aktienfonds Welt konnten in den vergangenen schwierigen fünf Jahren gut mit klassischen Fonds mithalten.

Knapp ein Fünftel der sauberen Fonds hat eine Rendite von mehr als 2,5 Prozent pro Jahr geschafft, keiner liegt unter minus 5 Prozent – im Schnitt ist das vergleichbar mit klassischen Fonds. Die Stiftung Warentest hat in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift Finanztest die besten sauberen Fonds verglichen und gibt Empfehlungen für ein ökologisches und ein ethisches Muster-Depot.

Nachhaltige Fonds gibt es mittlerweile für fast alle Anlageklassen. Mit der Auswertung von Finanztest ist eine 100 Prozent nachhaltige Geldanlage ist daher kein Problem mehr. Die vielen Angebote mit ihren sehr unterschiedlich strengen Kriterien machen den Markt auch unübersichtlich. Wer nicht möchte, dass Öl-, Rüstungs- oder Atomfirmen im eigenen Depot landen, kann mit dem Test von Finanztest genau hinschauen, wie Öko und Ethik im Einzelfall definiert ist.

Empfehlenswert ist zum Beispiel der global anlegende Aktienfonds Green Effects NAI-Werte. Er hat die strengsten Ausschlusskriterien für umweltschädliche und unethische Branchen und gleichzeitig die beste Finanztest-Bewertung für Wertentwicklung und -Stabilität. Gut abgeschnitten hat auch der Pioneer Global Ecology und der Swisscanto Green Invest - die beide in der Schweiz aktiv vertrieben werden.

Demgegenüber ist der Siegerfonds Green Effects im Nachteil: Es sind nur 30 Aktien in dem Fonds – als Basisanlage ist das zu wenig, der Fonds eignet sich daher nur zur Beimischung. Und er ist offiziell in der Schweiz nicht zum Vertrieb zugelassen - das heisst, er darf nicht beworben, auf Anfrage der Kundschaft aber verkauft werden.

Für den sicheren Teil des Depots eignen sich zum Beispiel Rentenfonds. Auch hier gibt es Fonds mit Öko- und Ethik-Schwerpunkt, die Staaten nach ihren Umweltgesetzen oder nach der Haltung zur Todesstrafe bewerten. Doch bei Staatsanleihen müssen Anleger zwangsläufig Kompromisse eingehen, denn die wenigsten Länder haben eine vollständig weiße Weste. Der Test mit den besten Ethik- und Ökofonds ist in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift Finanztest veröffentlicht, die vollständige Übersicht aller sauberen Fonds online:

© Oekonomedia / Quelle: Sonnenseite / Stiftung Warentest 2010

Dienstag, 6. April 2010

Ökobonus für Sozialausgleich

Effektiver Klimaschutz würde fossile Energie deutlich verteuern. Damit daraus im In- wie im Ausland keine sozialen Schieflagen entstehen, müssen Klima- und Sozialpolitik aus einem Guss sein. Strikte Grenzen für den Ausstoß von Klimagasen, ein umfassender Emissionshandel und ein aus dessen Erlösen gezahlter globaler Ökobonus für alle Menschen bieten dazu einen Ansatz.

Zu diesem Ergebnis kommt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie von Prof. Dr. Felix Ekardt, Professor für Umweltrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Rostock. Die Angst vor sozialen Verwerfungen hält Politiker in westlichen Ländern von weit reichenden umweltpolitischen Maßnahmen ab, konstatiert der Leiter der Forschungsgruppe für Nachhaltigkeit und Klimapolitik. Entwicklungs- und Schwellenländer befürchteten wiederum, Klimaschutz stehe der wirtschaftlichen Entwicklung entgegen. Dabei ist klar: Wenn der Ausstoß klimaschädlicher Gase nicht in naher Zukunft deutlich zurückgeht, wird der Klimawandel Nord und Süd am Ende noch viel teurer zu stehen kommen.

"Die bisher verfolgte und beim Klimagipfel in Kopenhagen wieder bestätigte Strategie der Politik, sich aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen mit unzureichenden Klimazielen zufrieden zu geben und damit langfristig den sozial verheerenden Klimawandel in Kauf zu nehmen, ist gescheitert", betont Ekardt. Nötig sei ein neues globales Instrumentarium, das "eine radikale Klimawende im offensichtlichen Eigeninteresse fast aller Menschen und Staaten" möglich mache, anders als in den in Kopenhagen diskutierten Ansätzen.

Der Wissenschaftler schlägt vor, den Emissionshandel auf den gesamten Verbrauch fossiler Energien auszudehnen, dabei erheblich ehrgeizigere Reduktionsziele zu setzen - und die Erlöse in jedem Staat gleichmäßig unter den Bürgern zu verteilen. Dieser Ökobonus soll einen Ausgleich für Preissteigerungen bei Energie und den Produkten energieintensiver Industrien bieten. Der Mechanismus würde eine Klimapolitik ohne übermäßige soziale Härten ermöglichen, erwartet Ekardt: "Da der Ökobonus jedem zukommt, aber die Gutverdienenden als Energiemehrverbraucher mehr zu seiner Finanzierung beitragen, hebt dies eine etwaige soziale Schieflage der Klimapolitik auf."

Denn wenn jemand genau so viel Energie - und die damit verbundene Klimabelastung - in Anspruch nimmt, wie nach Maßgabe der politisch vorgegebenen Emissionsziele pro Person zur Verfügung steht, dann heben sich empfangener Ökobonus und gezahlte Emissionsabgaben idealtypisch auf. Wer besonders ressourcenschonend lebt, macht Gewinn. Und wer überdurchschnittlich viel Energie verbraucht, zahlt mehr.

Das Modell würde nicht nur zur gerechten Lastenverteilung innerhalb eines Landes beitragen - etwa indem Hartz-IV-Empfänger qua Ökobonus von höheren Abgaben der Besserverdiener auf Kauf und Betrieb klimaschädlicher Geländewagen profitieren, zeigt der Jurist und Soziologe auf. Auch zwischen Industrie- und Entwicklungsländern käme es zu einem Ausgleich: Da Energieverbrauch und Schadstoffausstoß pro Person in entwickelten Ländern wesentlich höher sind als in weniger entwickelten Staaten, wären beispielsweise die Europäer gezwungen, viel mehr Emissionsrechte zu kaufen und folglich viel höhere Kosten an die Endverbraucher weiterzugeben als südliche Länder. Zudem gelänge der soziale Ausgleich dadurch, dass der Ökobonus im Süden höher wäre als im Norden.

Um das Modell umzusetzen, hält Ekardt folgende Rahmensetzungen für sinnvoll:
- Die "erlaubten" Mengen an Klimagasausstößen berechnen sich anhand der Einwohnerzahl der Erde. Beginnen würde man mit dem aktuellen globalen Durchschnitt: 5 Tonnen pro Mensch. Das zulässige Maß müsste dann in vielen kleinen Schritten jährlich absinken - auf 0,5 oder 0,7 Tonnen pro Mensch im Jahr 2050.
- Die Ermittlung und finanzielle Abrechnung des Klimagasausstoßes setzt bei der Gewinnung von und dem Handel mit Primärenergieträgern an, also bei Kohle-, Gas- und Öl-Unternehmen. Jeder Importeur oder Verkäufer von fossilen Brennstoffen muss bei einer Auktion Emissionsrechte erwerben. Anders als beim bisherigen EU-Emissionshandel würden so fast sämtliche Klimagasausstöße erfasst. Zudem wären die Ziele strenger und die Landnutzung einzubeziehen.
- Die Primärenergieunternehmen würden ihre Ersteigerungskosten für die Emissionsrechte gleichmäßig über Produkte, Strom, Wärme und Treibstoff an die Endverbraucher weitergeben; umgekehrt würden sie Versteigerungs-Einnahmen pro Kopf an alle Menschen verteilen (Ökobonus). In Ländern, in denen die nötige Infrastruktur zur individuellen Auszahlung des Ökobonus (noch) fehlt, könnte das Geld übergangsweise in soziale Projekte fließen.
- Diese Grundgedanken können über eine globale Institution verwirklicht werden, sie können aber auch - dies ist Gegenstand der Studie - in einen komplexen Staaten- und Unternehmensemissionshandel übersetzt werden. Dabei gibt es eine jährlich sinkende, an der Einwohnerzahl orientierte Emissionsrechte-Zuteilung an die Staaten (quantitativ leicht verschoben zugunsten des Südens). Die Staaten dürfen dann Emissionsrechte handeln, und innerhalb ihrer Grenzen wird die jedem Staat danach verbleibende Menge in einen Primärenergie-Emissionshandel der Unternehmen und in einen Ökobonus übersetzt.

Der Bonus fällt dann wegen des vorangegangenen Staatenemissionshandels im Süden deutlich höher aus als im Norden, weil die Staatenemissionshandelskosten die Verteilungsmasse im Süden erhöhen und im Norden mindern. "Das gesamte Modell dient in jedem Fall dem ökonomisch-sozialen, friedenspolitischen und ökologischen Interesse fast aller Beteiligten weltweit und habe deshalb Chancen auf weltweite Akzeptanz", sagt Ekardt. Es sei zudem gerecht, weltweit allen Menschen gleiche Emissionsrechte zuzugestehen und durch die Konstruktion des Modells einen teilweisen Ausgleich für die historische Verursachung des Klimawandels durch den Westen zu schaffen. So könne man in Entwicklungsländern Entwicklung ermöglichen sowie Klimaschutz und Klimawandelsfolgen finanzieren.

Zwar erfordere der Ansatz eine starke internationale Organisation, der es gelinge, weltweit gültige Spielregeln durchzusetzen. Dies sei jedoch kein Novum. Als Beispiel nennt Ekardt die Welthandelsorganisation WTO. Nach deren Vorbild ließe sich das bereits existierende Klimasekretariat der Vereinten Nationen "zu einer schlagkräftigen Weltklimabehörde ausbauen".

Quellen: Hans-Böckler-Stiftung 2010 / Sonnenseite